Reverse Engineering zur Erstellung einer Schutzhülle für eine Airbag-Weste

TitleNutzen von Airbag-Westen für Motorradfahrer
Airbag-Westen bieten Motorradfahrern seit einigen Jahren zusätzlichen Schutz, indem sie sich im Ernstfall blitzschnell aufblähen und den Fahrer vor Verletzungen bewahren. Die Firma Leder-Speed, spezialisiert auf Airbag-Westen im Rennsport, nahm sich dieser Herausforderung an. In Zusammenarbeit mit Felix Berberich von "Being Fast" entwickelte das Unternehmen mittels Reverse Engineering eine Schutzhülle für die Kartusche. Nach erfolgreichen Tests wurde ein Prototyp im 3D-Druckverfahren gefertigt – ein innovativer Lösungsansatz für ein spezifisches Problem im Motorradsport.
TitleNutzen von Airbag-Westen für Motorradfahrer
Seit einigen Jahren gibt es Airbag-Westen für Motorradfahrer. Dabei löst im Ernstfall ein mechanischer oder elektronischer Sensor eine Gaspatrone aus, die dann blitzschnell die Airbag-Weste füllt. Damit wird der Fahrer durch die Weste mehrfach geschützt, z. B. gegen das Aufprallen; weiterhin fixiert die Weste auch den Helm.
Die Gaspatronen sind aus Metall und befinden sich an der Außenseite der Weste, da die Kartusche oft mit einem Band, das zum Auslösen dient, mit dem Motorrad verbunden ist.
Hier ergibt sich folgendes Problem: Bei sportlichen Fahrern, die sehr aerodynamisch auf dem Motorrad sitzen, reibt die Metallkartusche auf dem Tank (z. B. bei Bodenwellen). Dadurch kann es zu Beschädigungen am Lack des Tanks kommen.
Title Leder-Speed erarbeitet Lösungsansatz
Die Firma Leder-Speed aus Limbach Oberfrohna ist Händler für Airbag-Westen, vorrangig im Bereich des Rennsports. Sie gehört zu den wenigen Betrieben, die Airbag-Westen bearbeiten darf, beispielsweise das Anbringen von Startnummern oder Aufnähern von Sponsoren.
Einige Besitzer der Airbag-Westen traten an Nico Bachmann, den Inhaber von Leder-Speed, heran und fragten, ob der Hersteller für diese Problematik eine Lösung hat. Da dieses Problem nur bei einer sehr kleinen Gruppe, den Sportfahrern, auftritt, hatte der Hersteller noch keine Antwort parat.
Die Idee der Firma Leder-Speed war es, die Gaskartusche mit einer Schutzhülle zu überziehen. Dazu musste erst einmal ein Design und ein Werkzeug entwickelt werden. Das Design wurde nach einigen Tests erfolgreich entwickelt und in einem 3D-Drucker als Prototyp hergestellt. Das finale Design sollte als Vorlage dienen, um davon die Produktionsteile zu fertigen. Also ein klassischer Fall für das Reverse Engineering.
Der beste Weg hierfür war es, das vorhandene Teil zu scannen und daraus dann ein Werkzeug zu entwickeln. Für das Reverse Engineering unterstützte uns Felix Berberich von der Firma "Being Fast".
Folgende Schritte waren für das Reverse Engineering notwendig:
1. 3D-Scan des Originalteils
Hierbei wurde ein Steinbichler Comet 3 Scanner verwendet. Dieser Scanner arbeitet sehr genau im Bereich von hundertstel Millimetern; er besitzt zudem eine hohe Auflösung.
Der Comet 3 ist ein Streifenlichtscanner. Bei einem Streifenlichtscanner wird ein Lichtmuster auf das Bauteil projiziert und anschließend von einer oder mehreren Kameras beobachtet. Dadurch kann über das Triangulationsverfahren dann eine 3D-Oberfläche durch den Scanner errechnet werden.
2. Importieren der STL-Datei in Catia V5
3. Erstellen eines objektbezogenen Koordinatensystems
4. Aufnahme der Basisgeometrien wie Zylinder, Ebenen, Kugeln/Sphären
5. Komplette Flächenrückführung des Bauteils in einen parametrischen und veränderbaren Datensatz (Anpassungen des Modells jederzeit möglich – bspw. Vergrößerung von Aussparungen, Länge/Breite/Höhe, Bohrungen, Wandstärke, etc. – Alle Maße veränderbar!)
6. Konstruktion eines Presswerkzeugs zur Herstellung einer Prototypenserie in Silikonkautschuk
Ausströmer für überflüssiges Material, Zentrierungen und Schraublöcher zum Verpressen der Werkzeughälften sind integriert. (Presswerkzeug parametrisch zum rückgeführten Bauteil. Das heißt: Wird ein Maß am rückgeführten Bauteil geändert, so wird es gleichzeitig im Werkzeug geändert.)
7. 3D-Druck des Prototypenwerkzeugs mittels FDM-Verfahren (kostengünstig, da Projektbudget klein war – weitere Verfahren: SLA-Werkzeuge temperaturstabil bis 280°C für Spritzgussanwendungen in Kleinserie.)
Weitere Anwendungsgebiete für Reverse Engineering
Weiterhin können neben Werkzeugen alle erdenklichen Bauteile rückgeführt und im Rapid Prototyping dargestellt werden
Anwendungsgebiete
- Orthopädietechnik (Prothesen, Masken (Fußball), etc.)
- Ergonomiestudien (Griffe, Produkte, etc. – Rückführung, Anpassung, fertigungsgerechte Konstruktion und Prototyping in diversen Kunststoff- und Kautschukmischungen)
- Maschinenbau
- Fahrzeugindustrie/Automotive
- Produktdesign
- und vieles mehr
Dieses Projekt war eine Gemeinschaftsarbeit von Laserscanning Europe, Leder-Speed und Being Fast.